Neuigkeiten 11.11.2020

Lehrer schildert Corona-Alltag in der Schule

Man kann es kaum glauben, wenn man das liest. Und doch ist es ein reales Beispiel der aktuellen Situation an einer Schule in NRW.

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Ein exemplarischer Einblick in die aktuelle Situation an einer Schule in NRW

Seit Mittwoch (4.11.) agieren wir als Schule im Auftrag des Gesundheitsamtes unserer Stadt und schicken Kontaktpersonen von infizierten Schülern per Verordnungsschreiben in eine zweiwöchige Quarantäne.
Ich hatte seitdem als Stufenleiter das zweifelhafte Vergnügen, über die Quarantäne von über 50 Menschen (2/3 der Stufenmitglieder) zu entscheiden und diese auch anzuordnen.
Vorgabe ist, dass weniger als 1,5m Abstand im Unterricht bestanden. Damit gilt man als Kontaktperson der Kategorie 1. Alle anderen Schüler im Raum werden als Kontakt der Kategorie 2 klassifiziert und bekommen nur ein Infoschreiben.

Auf der einen Seite steht das Ministerium und will Präsenzunterricht und volle Klausurenanzahl. Auf der anderen Seite stehen wir Lehrkräfte und versuchen, unseren Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden und uns irgendwie durch den Tag zu retten.
Einige Schülerinnen und Schüler waren schon mehrfach für 2 Wochen in Quarantäne und haben entsprechend viele Klausuren und Unterricht versäumt. Manche Kurse habe ich seit Wochen nicht komplett im Unterricht gehabt, weil immer mehrere Schülerinnen und Schüler in Quarantäne waren. Wenn Schüler wegen Quarantäne abwesend sind, müssen diese zusätzlich zum normal stattfindenden Präsenzunterricht mit Materialien versorgt werden.

Es ist inzwischen organisatorisch fast unmöglich, alle Schülerinnen und Schüler die gewünschten Klausuren schreiben zu lassen. Außerdem müssen fast alle Klausuren – wie bei der Auswahlmöglichkeit im Vorabitur - mindestens doppelt gestellt werden, weil immer mehrere Prüflinge wegen Quarantäne oder Krankheit fehlen.

Kurz gesagt macht mir weniger meine direkte Gesundheit wegen einer möglichen Corona-Infektion Sorgen (ich trage durchgängig selbst finanzierte FFP2-Masken und achte äußerst penibel auf die A-H-A+L-Regel), vielmehr befürchte ich, dass die Arbeitsbelastung durch organisatorische Mehrarbeit und die Übernahme der Aufgaben des Gesundheitsamtes mich gesundheitlich in die Knie zwingen werden. Allein in den letzten 4 Tagen habe ich rund 20 Stunden allein mit der Kontaktverfolgung und Quarantäneanordnung verbracht.
Einerseits bin ich froh, dabei helfen zu können, die Infektionsketten zu verfolgen und zu unterbrechen. Andererseits bin ich kein Arzt oder wenigstens dafür geschult, so weitreichende Entscheidungen zu treffen.
Und schlussendlich fehlt mir einfach die Zeit und Kraft, um dies zusätzlich zu leisten – zumal ein kurzfristiges Ende dieses Zustandes nicht absehbar ist.

Ich wünsche allen: Bleibt gesund!