Neuigkeiten 14.08.2018

Forderung nach Senkung von Belastungen in Schulen

GEW unterstützt Resolution zahlreicher Schulen an die Ministerin.

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GEW unterstützt Resolution an die Ministerin

Von zahlreichen Kolleg*innen aus mehreren Schulen erreichen uns Meldungen über Unverständnis, Fassungslosigkeit, Ärger und Wut nach einer Reaktion des Ministeriums und der Bezirksregierung auf ein Resolutionsschreiben an die Ministerin.
Aus zahlreichen Schulen wird die Ministerin den Angaben zufolge dringend auf systemisch schlechte Setzungen im Schulsystem hingewiesen, die schließlich dazu führten, dass zahlreiche Kolleg*innen nicht mehr in die Lage versetzt seien, ihre Arbeit vollständig, qualitativ angemessen und in erforderlicher Sorgfalt ausführen zu können, ohne ihre eigene Gesundheit und die der ihnen Anbefohlenen zu gefährden.

Wir unterstützen ausdrücklich die Resolution und weisen mit darauf hin, dass unter den gegebenen Bedingungen, für die letztlich die Ministerin als oberste Dienstherrin die Verantwortung trägt, Schädigungen geradezu unvermeidlich sind, entweder gegenüber Dritten - v.a. den Kindern, die nicht mehr eine optimale Unterrichtsqualität, Betreuung, Beurteilung, Aufsicht und letztlich ganzheitliche Bildung erhalten, in der Folge aber auch gegenüber deren Eltern und schließlich auch gegenüber den Kolleg*innen, deren Gesundheit immer stärker gefährdet ist.

Auch die GEW nimmt immer stärker wahr, was das Schreiben konstatieren soll: Eine immer stärker werdende Belastung der Lehrkräfte – abzulesen auch an immer deutlicheren Spuren von Erschöpfung und Stresssymptomen und offensichtlich sehr hohen Krankenständen, einer großen Zahl von Langzeiterkrankten und „Spitzenplätzen“ in Sachen Frühpensionierungen und Dienstunfähigkeit. Dezidiert kritisieren wir ebenfalls die im Schreiben offenbar ausgewiesenen zahlreichen gestiegenen Belastungen der letzten Jahre auf der einen Seite – und die auf der anderen Seite in nahezu allen Bereichen demgegenüber unzulänglich erfolgte Ausstattung mit notwendigen Ressourcen personaler, räumlicher, sächlicher und spezielle Kenntnisse betreffender Hinsicht. Im Einzelnen spricht die Resolution mit voller Unterstützung der GEW hier offenbar an:

  • Inklusionsaufgaben ohne ausreichende personelle, fachliche und räumliche Ressourcen
  • Integrationsaufgaben von Flüchtlingen und anderen Migranten, teilweise mit Traumatisierungserfahrungen und hohem Alphabetisierungsbedarf bei immer stärker steigenden „Abschulungszahlen“ von „Seiteneinsteiger“- Kindern von Gymnasien und Realschulen an Gesamt- und Sekundarschulen (und Hauptschulen, wo es sie noch gibt)
  • In der Folge des Obigen permanente vermehrte Erarbeitung verschiedener Konzepte (Medien-, Vertretungs-, Förder-, Methodenkonzepte, Curricula, Umsetzung kompetenzorientierter Lehrpläne, Schulprogramme, Schulprofile, Mehrklassenbildung, Durchführung und Dokumentation von KAoA, usw.), damit verbunden die zunehmende Zahl an Konferenzen, Dienstgesprächen, Abteilungs-, Fachbereichskonferenzen, Arbeitskreisen, Teamsitzungen und Koordinationstreffen
  • Zunahme der Korrektur- und Verschriftlichungsarbeit auch wegen neuer, z.T. zusätzlicher Prüfungsformate, vermehrte zentrale Prüfungen, zieldifferentem Unterricht (u.a. auch Prüfungen zur Feststellung der mündlichen Sprachkompetenz in modernen Fremdsprachen, Verfassen von Wortgutachten für Inklusions- und Flüchtklingskinder)
  • Zunahme der Anzahl von Gesprächen mit Erziehungsberechtigten, Maßnahmeträgern und Ausbildungsbetrieben durch Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten (z.B. KIs, Sozialassistenz, Erziehungsberatungsstellen, Fachärzte u.a. für Psychiatrie)
  • Zunahme des Integrationsaufwands von problematisch sozialisierten oder lernschwachen Kindern
  • Gestiegene Belastungen durch häufigere Gründungen von Zweit- und Drittstandorten von Schulen, ohne damit verbundene Ressourcen für entstehende Belastungen (wie Mehraufsichten/ Fahrtwege/ schwierigere Stundenpläne, zu besetzende Sekretariate an mehreren Orten/ etc.)
  • Räume und deren Ausstattung, die den Anforderungen moderner Unterrichtsformen und gesunder Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht mehr entsprechen (z.B. an immer mehr Schulen Unterricht in „Containern“ oder „Raumsystemen“)
  • Gestiegene zusätzliche Belastungen durch Wartung und Instandhaltung der Medientechnik durch Kollegen/Kolleginnen, ebenso Verpflichtung zu berufsfremden Arbeitsaufträgen und berufsfremden Posten (z. B. Erste Hilfe, Feuerschutz, Datenschutz- und lT-Beauftragte, Jugend- und Medienschutz, Gesundheit, Arbeitssicherheit, etc.)
  • Vorbereitung, Durchführung und Nacharbeiten im Zusammenhang mit „Qualitätsanalysen“
  • Kaum realistisch mögliche Entlastungsansätze für Teilzeitkräfte

Die GEW nimmt wahr, dass diese systemisch gesetzte Mangellage die Kolleg*innen in vielen Bereichen besonders drastisch durch den derzeitigen Lehrermangel trifft, in dem schließlich die noch vorhandenen Kolleg*innen die Massen an Aufgaben irgendwie mitschultern.

Wir unterstützen als GEW ausdrücklich die in der Resolution offenbar auch aufgezeigten entsprechenden Lösungsansätze und fordern

  • eine Senkung der Pflichtstundenzahl, eine Senkung der Klassengröße,
  • bauliche Maßnahmen (wie z.B. Schalldämmung, Bereitsstellung angemessener Arbeitsplätze und –materialien),
  • die Einstellung der notwendigen Anzahl von Spezialisten für die jeweiligen Arbeitsbereiche (z.B. Sonderpädagog*innen, Schulpsycholog*innen, Schulsozialarbeiter*innen, DAZ/DAF- Fachleuten, IT- Fachleuten für die IT- Systeme an Schulen etc.),
  • eine ausreichende, realistische Ausstattung der Schulen mit Anrechnungsstunden,
  • eine ausreichende, realistische Vertretungsreserve usw.

Darüber hinaus unterstützen wir mit Nachdruck die Forderung, dass grundlegend zu diesen dringend notwendigen Veränderungen auch die zahlreichen systemischen zur Zeit vorfindlichen Widersprüche aufgehoben werden müssen, z.B. Widersprüche eines gleichzeitig inklusiven wie selektiv- allokativen Schulsystems, Widersprüche zwischen individualisierender „Kompetenzorientierung“ und immer stärkerer Betonung von Standardisierungen auch im Zusammenhang mit immer stärker zentralen Prüfungsformaten etc.

Die GEW fordert die Schulministerin und das Ministerium auf, sich der offensichtlichen Kritik von zahlreichen Kolleg*innen in tagtäglich wahrgenommenen und erlebten mangelhaften systemischen Bedingungen und Setzungen endlich zu stellen und im Interesse einer Verbesserung des Gesamtsystems, der Ergebnisse aller Bildungsbemühungen und schließlich auch des persönlichen gesunden Befindens aller im System Befindlicher unverzüglich, in größter Dimension und verantwortungsvoll zu handeln.

Die GEW-Herne nimmt den Ärger und die Wut der resolutionierenden Kolleg*innen und ihre aus unserer Sicht absolut berechtigten Ansätze und Forderungen auf und unterstützt diese mit Kraft und vollster Überzeugung!