Neuigkeiten 23.09.2018

Dramatische Situation an Herner Gesamtschulen

Der Schulausschuss der Stadt Herne will nicht tatenlos zusehen und plant, eine Resolution des Rates der Stadt an die Landesregierung auf den Weg zu bringen.

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Zur Chronologie der Ereignisse

Am 07.06.2018 fand eine Schulausschussitzung in Herne statt, auf der Vetreter*innen von Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen die Gelegenheit bekamen die dramatische Situation an den Gesamtschulen zu schildern.

Dabei ging es u.a. um Kinder aus Gymnasien und Realschulen, die nach dem Ende ihrer 24-monatigen Sprachförderung in speziellen Seiteneinsteigerklassen in die Regelklassen der Haupt- und Gesamtschulen wechseln müssen. Der Grund: In den Schulformen Gymnasien und Realschule können die Kinder keinen Hauptschulabschluss erwerben.
Außerdem wechseln weitere Kinder zur Gesamtschule, die nach der Erprobungsstufe an Realschulen und Gymnasien wegen nicht ausreichender Leistungsfähigkeit „abgeschult“ werden (in diesem Jahr ca. 135) , d.h. zur Haupt- oder Gesamtschule wechseln müssen.
Die enorme Belastung an den drei Gesamtschulen wurde noch verschärft durch Lehrermangel und fehlende Klassenräume.

Am 18.09. liest man in der WAZ bzw. WAZ-online einen Artikel mit der Überschrift „Dramatische Situation: SPD will Gesamtschulen helfen". Darin heißt es weiter:"Die SPD sieht an Herner Gesamtschulen die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Die Sozialdemokraten wollen den Druck aufs Land erhöhen."...  „So kann es nicht weitergehen“, sagt die Schulausschussvorsitzende Birgit Klemczak (SPD) zur WAZ. Die Stadtverordnete wird am Donnerstag ... mit den Gesamtschulleitern Katharina Rodermund (Wanne), Sylke Reimann-Perez (Mont-Cenis) und Stephan Helfen (Erich-Fried) sowie weiteren Betroffenen diskutieren."
Geplant ist, dass der Rat der Stadt Herne eine gemeinsame Resolution beschließen soll, die mit der Forderung nach „Sicherung der Bildungschancen in Herne“ an die Landesregierung geschickt werden soll. Außerdem hofft man auf weitere Unterstützung anderer Städte, die die gleichen Probleme haben.

Am 20.09. fand eine Veranstaltung der vier Wanner SPD-Ortsvereine statt, zu der die Betroffenen nochmals ihre Situation darstellen konnten. In der zweistündigen Diskussion beschrieben Schulleiter*innen, Lehrer*innen, Eltern und Politiker den Notstand an den drei Herner Gesamtschulen.
Hier einige Zitate aus der WAZ Herne-Wanne-Eickel vom 21.09.18, Redakteur Lars-Oliver Christoph:

  • Stephan Helfen (Leiter der Erich-Fried-Gesamtschule) und seine Kolleginnen Sylke Reimann-Perez (Mont-Cenis-Gesamtschule) und Katharina Rodermund (Gesamtschule Wanne-Eickel) übten harsche Kritik an der „Abschulung“ an Gymnasien und Realschulen..." Diese Schulen müssen eine Kultur des Behaltens entwickeln“, sagte Helfen. Es sei das erklärte Ziel der Landesregierung, Gymnasien und Realschulen von dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe auszunehmen. „Wir fühlen uns allein gelassen.“ „Noch einmal wird das nicht möglich sein“, sagte Katharina Rodermund. Es fehle nicht nur an Räumen und Lehrern. Sie hätten große Probleme, die Schulformwechsler nachträglich in das System Gesamtschule zu integrieren."
  • Der Vater eines Wanner Gesamtschülers analysierte die Situation so: „Wirtschaftlich gesprochen handelt es sich hier um eine Insolvenz. Eigentlich müsste der Schulbetrieb eingestellt werden.“ Auch andere Eltern machten ihrem Ärger über die Bedingungen Luft.
  • Carsten Piechnik, Lehrer an der Erich-Fried-Gesamtschule: „Das gegliederte Schulsystem ist darauf ausgerichtet zu selektieren. Diese Selektion trägt einerseits zu den aktuellen dramatischen Zuständen vor allem an Gesamtschulen bei, andererseits ist sie auch Grundlage für die seit Jahren festgestellten Zusammenhänge von sozialer Herkunft und dem Abschneiden im Schulsystem. Neben kurzfritigen Lösungen muss daher zwangsläufig die Selektionsfunktion des Schulsystems in Frage gestellt werden, wenn man es mit gerechten Bildungschancen, der Integration und Inklusion von Menschen tatsächlich ernst meint."

Die Schulausschussvorsitzende Birgit Klemczak bot den Eltern an, alle möglichen Formen des Protestes zu unterstützen – bis hin zum Marsch nach Düsseldorf.

Wie geht es weiter?

Am 9.10. findet eine Sondersitzung des Schulausschusses statt, in der eine Resolution verabschiedet werden soll. Darin soll u.a. die „Kultur des Behaltens“ und Maßnahmen gegen Abschulungen gefordert werden.
Am 30.10. findet eine Ratssitzung statt, auf der der Schulausschuss dem Rat der Stadt empfiehlt, die vorgelegte Resolution an den Landtag und die Landesregierung des Landes Nordrhein Westfalen zur Sicherung der Bildungschancen an Herner Schulen, insbesondere an den Gesamtschulen,  zu verabschieden.